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Agentur-Rankings und andere Märchen
Der ehemalige englische Premierminister Winston Churchill dokumentierte seine Lebensklugheit mit diesem Bonmot: „Ich glaube nur der Statistik, die ich selbst gefälscht habe.“ Das w&v-Ranking „Die Top-30-Agenturen für Live-Kommunikation 2009“ hätte Mr. Churchill bestimmt Spaß gemacht! Diese Umsatz-Rangliste hat von Anbeginn unter den Event-Agenturen für böses Blut gesorgt, wegen der Mitglieder den Verband FME sogar verlassen haben.
Ganz schön schwach auf der Brust – die methodischen Defizite
1. Vollständigkeit: Der schöne Schein trügt – was auf den ersten Blick so amtlich und objektiv aussieht, ist auf den zweiten Blick nur die halbe Wahrheit. Denn nur wer seine Zahlen der Arbeitsgemeinschaft aus w&v, HORIZONT und FME meldet, wird auch gelistet. Im Umkehrschluss, bedeutende Agenturen wie Triad, imagepeople, circ oder CB.e sind nicht dabei. Von 42 FME-Mitgliedern sind erstaunlicherweise nur 11 in der Rangliste vertreten.
2. Statistische Erhebung: Nirgendwo im begleitenden Artikel (w&v 18/2010) wird Live-Kommunikation definiert. Und auch die FME-Richtlinie zur Umsatzberechnung trägt nichts zur Aufklärung bei. Dafür wird man mit der Wortschöpfung Nettoroheinnahme bekannt gemacht, die BWL-Professoren überall in Deutschland aufhorchen lassen wird.
3. Gültigkeit: Man verweist darauf, dass nur geprüfte Umsatzangaben berücksichtigt werden. Im Kleingedruckten erfährt der geneigte Leser, dass bei 14 von 30 Agenturen das Testat bei Redaktionsschluss noch nicht vorlag. Allerdings, was kann ein Steuerberater anderes beurteilen als die rechnerische und bilanz-technische Korrektheit der Zahlen? Die sachlich-fachliche Zuordnung der Umsätze und Mitarbeiterzahlen ganz sicher nicht.
4. Plausibilität: Wir kommen zum Knüller des Ganzen, dem Unterschied zwischen Billings, also den Budget-Umsätzen, und dem Gross Income, dem eigentlichen Agentur-Umsatz. Betriebswirtschaftlich also der Deckungsbeitrag 1. Der Pro-Kopf-Umsatz einer Kommunikations-Agentur liegt in einer Bandbreite von 80.000 € bis 160.000 €. Das belegen die entsprechenden Rankings von w&v als auch veröffentlichte Bilanzen von z.B. Uniplan.
Eine Plausibilitätsrechnung, die auf den empfohlenen, selten durchsetzbaren, Honorarsätzen des FME basiert, käme zum gleichen Ergebnis. Denn es gilt zu berücksichtigen, dass nicht jeder Mitarbeiter ein Umsatzträger ist, dass von den Umsatzträgern nicht jeder ein Projektleiter, sondern auch Assistenten und Praktikanten darunter sind. Nicht jeder geleistete Agentur-Tag kann beim Kunden abgerechnet werden, zahlreiche Agenturtage gehen für (verlorene) Pitches drauf.
Wahr oder unwahr?
Von den 30 im aktuellen w&v-Ranking vertretenen Agenturen überschreiten 10 Betriebe den Pro-Kopf-Umsatz von 160.000 € so erheblich, dass Zweifel angebracht sind. Nun kann man einwenden, das liegt an der hohen Zahl von freien Mitarbeitern. Dies ist aber bei allen Kommunikations-Agenturen üblich. Die Pro-Kopf-Umsätze der etablierten Agenturen für Live-Kommunikation liegen 2009 alle im Normbereich (außer dem “Tabellenführer” aus Wuppertal und Uniplan, was an einer Fehlmeldung liegen muss). Außerdem machen sich Event-Agenturen gerne grösser als sie tatsächlich sind.
Wie laut darf geklappert werden?
Eine mögliche Erklärung für die merkwürdigen Zahlen ist die Vertauschung von Billings und Gross Income. Das ist nicht nur eine Täuschung des Lesers, sondern auch ein Verstoss gegen § 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Klappern gehört bekanntlich zum Handwerk, aber da hört der Spass auf. Traurig ist die Mitwirkung des Agenturen-Verbandes FME als Treuhandstelle.
Ein frischer Wind weht durch die Event-Portale
Seit Mai 2010 bereichert das Event-Portal eveos die Szene. Aufgeräumt, frisch und sympathisch ist der Look dieser BtoB-Plattform für Event-Dienstleistungen.
Doch was ist anders, was ist neu? Die Betreiber setzen auf Transparenz und Nutzwert für die Veranstaltungsplaner in den Unternehmen und stellen Event-Pakete ins Schaufenster. Knackige Leistungsbeschreibungen mit einem Festpreis. Das ist eine klare Differenzierung zum Establishment von memo-media, MICE AG, guxme und eventmanager.de. Web 2.0 Applikationen wie Blog, Twitter und RSS sind bei eveos selbstverständlicher als andernorts.
Ein Schmankerl sind auch die Ausschreibungen, die Unternehmen platzieren können. Das ist für beide Marktparteien ein echter Service. Auch die Werbefreiheit fällt angenehm auf.
Kurzes Fazit des Portal-Vergleichs: der Abstand zum Marktführer memo-media ist gewaltig, aber die anderen Portale sollten aufpassen. Wenn der Branchenkatalog von eveos erst einmal gut gefüllt ist, dann bläst der Wind von vorn.
Duisburg: die programmierte Katastrophe
Mit großer Betroffenheit habe ich die Ereignisse und Berichterstattung der LoveParade verfolgt. Ich habe versucht mir vorzustellen, in einer gigantischen Menschenmenge eingeklemmt zu sein, keine Luft mehr zu bekommen, ja Todesangst zu spüren….Vor großen Menschenmengen hatte ich immer enormen Respekt, man kann nicht umsichtig genug sein. Nun das…..Ich kenne diesen Tunnel, in dem man schon Panik bekommt, wenn man dort allein ist.
Ganz offensichtlich haben die Verantwortlichen gegen alle Regeln der Kunst, sprich der VersammlungsStätten-Verordnung, verstoßen. Ein Organisationsverschulden mit katastrophalen Folgen. Ein zu kleines und obendrein abgesperrtes Gelände, ein Nadelöhr als Zugang. Der gesunde Menschenverstand sagt einem schon, daß dies nicht funktionieren kann. Wie kann es zur Genehmigung kommen? Profitgier, falscher Ehrgeiz, Ignoranz……? Wer hat Druck ausgeübt? Bedenken vom Tisch gewischt? Kostprobe gefällig? tagesschau.de berichtet…
“Zudem befreie der Sachbearbeiter der Unteren Bauaufsicht im Duisburger Amt für Baurecht und Bauberatung in dem Dokument die Organisatoren von der Vorschrift, die vorgeschriebenen Breiten der Fluchtwege einhalten zu müssen. Außerdem verzichteten die Beamten auf Feuerwehrpläne. Das von “Spiegel online” zitierte Schriftstück vom 21. Juli 2010 mit dem Aktenzeichen 62-34-WL-2010-0026 trägt den Titel “Genehmigung einer vorübergehenden Nutzungsänderung”. Es richtet sich an die Berliner Lopavent GmbH als Veranstalter der Loveparade.”
Poltik und Veranstalter sind nicht nur juristisch, sonder auch moralisch verantwortlich. Die ganze Erbärmlichkeit zeigte sich bei der Pressekonferenz. Wie Kleine Jungs, die etwas Schlimmes angestellt haben, aber nicht den Mumm haben, es zuzugeben.
Duisburg lehrt uns, Aus- und Weiterbildung zur Veranstaltungssicherheit zu intensivieren.
Compucoach + Guest Control = Guest One
Grundsätzlich sind größere Betriebseinheiten in der Event-Branche zu begrüßen. Doch hier wird gerade eine Menge Markenkapital pulverisiert. Insbesondere Guest Control hat in der Vergangenheit sehr viel Geld in die Print-Werbung gesteckt. Die neue Marke muß beworben werden und da ist es unverständlich, daß die Websites beider Unternehmen die Fusion unauffällig und obendrein unter-schiedlich kommunizieren.
Da beide Standorte erhalten bleiben, werden nicht alle Synergien auf der Kostenseite ausgeschöpft. Für die Kunden bleibt abzuwarten, wie sich der erhöhte interne Abstimmungsaufwand auswirkt. Die Management-Kapazität wird in der ersten Phase stark absorbiert werden durch die neuen internen Prozesse. Trotzdem oder gerade deswegen – Glückauf!
eventpreisbrecher.de
Die erste Low-Cost-Agentur ist da! Pauschalangebote für Hamburg, Berlin und München wie im Reisebüro. Ein Festpreishonorar für Konzeption und Organisation von 998,- zzgl. Sachkosten und Durchführung (optional) durch Freelancer. Man reibt sich die Augen und denkt an Kegelclubs und Busse voll Senioren.
Mitnichten – das ist ein Angebot für Unternehmen! Ein Ramschangebot vom Insolvenzverwalter einer Agentur? Nein – ein Startup-Unternehmen von Peter Cramer aus Hamburg, bis dato achtung!erlebnis. Zum Glück bekommt jeder die Kunden, die er verdient und da beneide ich Peter Cramer überhaupt nicht.
Dieser Wettbewerber kann eine gestandene Agentur für Live-Kommunikation nicht kratzen, sehr wohl aber der Kratzer im Image der Event-Agenturen generell, der hiermit entsteht.