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Woran erkennt man eigentlich gute Weiterbildung?

I.Wendt: Habe nun, ach! Management, Juristerei und Marketing,
Und leider auch Catering durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor;
Heiße Bachelor, heiße Master gar und ziehe schon an die zehen Jahr
herauf, herab und quer und krumm meine Kunden an der Nase herum –
Und sehe, daß wir nichts wissen können!
Das will mir schier das Herz verbrennen.
Zwar bin ich gescheiter als all die Laffen,
Quereinsteiger, Autodidakten und Pfaffen;
Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel,
Fürchte mich weder vor Busfahrern noch Hostessen –
Dafür ist mir auch alle Freud entrissen,
Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen.

Soweit Goethe’s Faust leicht abgewandelt. Lebenslanges Lernen gehört auch in der Event-Branche zu den Selbstverständlichkeiten einer professionellen Berufsauffassung. Doch wie so häufig sind wir Wissensriesen und Anwendungszwerge, denn der regelmäßigen systematischen Fortbildung der Mitarbeiter in Agenturen und bei Dienstleistern stehen finanzielle und praktische Hürden im Weg. Im Anschluß an die Umfrage von eveosblog.de zur Weiterbildung in der Eventbranche soll die Thematik aus der Sicht von Arbeitgeber und Arbeitnehmer beleuchtet und ein paar Entscheidungshilfen gegeben werden. Unter Weiterbildung verstehe ich hier die berufsspezifische Fortbildung – etwa zur Veranstaltungssicherheit – und nicht Rhetorik- oder Fremdsprachenkurse.

Der Tragödie erster Teil

Im Gegensatz zu Industrie und Handwerk leben Dienstleistungsbetriebe, speziell Agenturen, ausschließlich von der Produktivkraft ihrer Belegschaft. Die Produktivität unterliegt zahlreichen Einflußfaktoren, vorrangig aber der Qualifikation des Personals. Diese Befähigung besteht aus Komponenten wie akademische und berufliche Ausbildung, Berufserfahrung, soziale Kompetenzen sowie den sog. Soft Skills.

Die Investition in Maschinen ist eine pure Notwendigkeit, die Investition in die Mitarbeiter nicht ohne weiteres, wie die o.g. Umfrage nahe legt. Manche Verantwortliche haben halt ein Brett vor dem Kopf statt die Zukunft ihres Unternehmens im Blick. Abgesehen davon ist es natürlich eine Kostenfrage – neben den Seminargebühren und Reisekosten fällt insbesondere der Arbeitsausfall ins Gewicht. In Zeiten niedriger Margen und hoher Vertriebskosten (bizarre Pitches und Ausschreibungspraktiken) ist eine entsprechende Budgetierung schwierig. Trotzdem, es führt kein Weg an der Qualifizierung der Mitarbeiter vorbei. Höherwertige Leistungen erfordern dies, aber auch das Thema der Mitarbeiterbindung. Eine Studie der HHL Leipzig Graduate School of Management in 2010 zum Einfluß einer aktiven Mitarbeiter-förderung auf Wechselverhalten und Zufriedenheit von Arbeitnehmern zeigt:

  • Die akute Wechselbereitschaft lässt sich signifikant senken durchregelmäßig angebotene Schulungen und Übungen und klar geregelte Aufstiegschancen.
  • Regelmäßige Schulungen und Übungen sowie klar geregelte Aufstiegschancen erhöhen die Mitarbeiterzufriedenheit deutlich.
  • Je zufriedener ein Mitarbeiter ist, desto geringer ist seine akute Wechsel-bereitschaft.

Es handelt sich also um eine strategische Aufgabe, sprich Personalentwicklung! Und nicht um eine lästige Pflichtaufgabe. Schon gar nicht sollte man die Auswahl von Fortbildungen den Mitarbeitern allein überlassen. Gemeinsam sollte man den individuellen Bedarf analysieren und mittelfristige Ziele definieren.

Eine Möglichkeit, kosten-günstig und synergetisch fortzubilden, sind Inhouse-Seminare nach einem klaren Konzept. Ein Konzept, das man gemeinsam mit dem Weiterbildungsträger entwickelt. Das nach jedem Modul mit einer Lernkontrolle abschließt.

Der Tragödie zweiter Teil

Ok, wir sind wild entschlossen, uns weiterzubilden. Was gibt der Markt her? Eine ver-wirrende Vielfalt, nicht nur Seriöses und Sinnvolles. Vor allen Dingen wenig für Fortgeschrittene. Ein durchdachtes Seminarangebot findet man bei der IECA und bei der masterclass von Matthias Kindler sowie bei der Deutschen Event-Akademie. Ansonsten gibt es punktuell bei den üblichen Verdächtigen (IST, Studieninstitut für Kommunikation, ebam) interessante Themen. Aber darauf läßt sich kein Weiterbildungskonzept aufbauen.

Stellen wir also die Lidl-Frage „Woran erkennt man eigentlich ein gutes Seminar?“ Für alle Angebote gelten folgende Auswahlkriterien:

  • Eine detaillierte Seminarbeschreibung mit Zielgruppe, Themen, Zielen
  • Eine pass-genaue berufliche Vita des Dozenten/der Dozentin mit einer ausführlichen Beschreibung des Werdegangs
  • Qualitätssiegel und Zertifikate des Anbieters
  • Eine Spezialisierung, zumindest auf Kommunikation und Marketing
  • An Referenzen, Bewertungen durch Teilnehmer
  • An einem eigenen Qualitätsmanagement
  • An Informationen zur Erfolgskontrolle

Epilog

Die Investition in die Qualifizierung der eigenen Mitarbeiter ist ein Instrument zur Bindung bzw. zur Reduktion von Fluktuation. Lebenslanges Lernen ist das Gebot der Stunde in Zeiten eines intensiven Wettbewerbes und der Globalisierung. Internationalität und interkulturelles Wissen werden wichtiger. Soziale Kompetenz, Resilienz, Flexibilität und Improvisationstalent in Verbindung mit einer verinnerlichten Arbeitsmethodik (Projektmanagement) bilden das zukünftige Rüstzeug eines professionellen Eventmanagers.

Geschrieben am 23.11.2015 von admin

FAMAB Awards 2014 – Des Kaisers neue Kleider

Das Colosseum-Theater in Essen war der großartige Schauplatz für die Premiere der FAMAB Awards, runderneut und hervorgegangen aus ADAM + EVA, den Auszeichnungen für herausragende Events und Messestände. Das Colosseum ist die umgebaute, ehemalige 8. Mechanische Werkstatt der Friedrich Krupp AG. Sie war die Arbeitsstätte von rund 2.000 Menschen, die unter anderem Lokomotivrahmen und Kurbelwellen für Schiffe herstellten. Heute ist sie eine denkmalgeschützte Industriehalle.

Ausverkauft meldete der Veranstalter, leider riß der Lokführerstreik (sic!) einige Lücken ins Auditorium. Aber auch so drängten über 1.300 Gäste einer insgesamt gelungenen Veran-staltung zur „Bühne der Inspiration“, so das diesjährige Motto.

Bühne der Inspiration

Entzünden ließ sich die ausführende Essener Agentur TAS Emotional Marketing vom kulturellen Schmelztiegel des Ruhrgebiets und der renommierten Folkwang Universität der Künste, die zentrale künstlerische Ausbildungsstätte für Musik, Theater, Tanz, Gestaltung und Wissenschaft. Seit 1927 sind hier – gemäß der Folkwang Idee von der sparten-übergreifenden Zusammenarbeit der Künste – die verschiedensten Kunstrichtungen und Disziplinen unter einem Dach vereinigt.

Die künstlerischen Protagonisten des Abends waren demzufolge Studenten der Hochschule, die die ganze Bandbreite künstlerischen Ausdrucks auf die Bühne zauberten. Allein der „Battle of Drums“ – ein Schlagzeug-Trio – lohnte das Kommen. Die Folkwang Show Band sorgte für musikalische Akzente und Untermalung der Preisverleihung.

Zahlreiche junge Nachwuchskünstler umrahmten das Programm, das von einem glänzend aufgelegten Aljoscha Höhn moderiert wurde. Das wohltuend schlichte Bühnenbild war dem Essener Wahrzeichen Zeche Zollverein nachempfunden.

In der Kürze liegt nicht immer die Würze

Die künstlerischen Einlagen, der Esprit des Moderators und der sympathische Auftritt von TAS-Chef Thomas Siepmann konnten allerdings kaum über die didaktischen Schwächen des Konzeptes hinwegtäuschen. Zweiundeinhalb Stunden Programm – mehr ist auch nicht zumutbar – reichten nicht aus, um die auf 17 (eigentlich 20) angewachsenen Kategorien der FAMAB Awards mit fast immer drei Nominierten angemessen darzustellen und zu würdigen. Der Masse an Preisträgern fiel die für das Publikum nachvollziehbare Dokumentation der Projekte leider zum Opfer. Bisher wurde jedes nominierte Projekt durch einen 3-minütigen Video-Clip vorgestellt, nunmehr waren es drei Minuten für alle Nominierten – mehr oder weniger gut aus dem Einreichermaterial zusammen geschnitten. Irgendwann setzte auch der Information-Overkill ein. Sehr bedauerlich und zu wenig Inspiration.

Glückspilze und Pechvögel

Wer oder was hat gewonnen? Der Abräumer des Abends war die Audi AG mit 2x Gold, 1x Silber und 2x Bronze. Die Automobilindustrie gewann wie 2013 ein Drittel aller ersten Plätze und ein Drittel aller Auszeichnungen. Die Fraunhofer-Gesellschaft gewann wie adidas Gold und Silber.

Unter den Architekten ragte diesmal Schmidhuber mit 2x Gold und 1x Bronze heraus. Die erfolgreichste Agentur war JungvonMatt mit 2x Gold. Auffallend, daß unter den kreativen Platzhirschen sich Atelier Markgraph mit Gold zurück meldete und VOKDAMS wieder leer ausging, Phocus Brand Contact mit Gold und Silber punktete und Pure Perfection sich zum dritten Mal hintereinander in den vorderen Rängen etablierte. Zwei Newcomer setzten Ausrufezeichen: Lieblingsagentur aus Krefeld (Gold + Silber für adidas) und onliveline aus Köln (Gold für Fraunhofer).

Die vorgestellten Projekte belegen das exzellente Niveau der deutschen Agenturen, Architekten, Messebau und Gewerke. Die Siegerprojekte zündeten manchmal sofort wie die „Rache des Champagners“ von JvM.

Lost in Translation

6. November 2014, 21:03 Uhr – das war er nun, der Relaunch der FAMAB Awards. Ich sitze etwas ratlos in meinem roten Theatersessel. In 15 Jahren hatte ich fast immer sofort eine klare Meinung, nur diesmal nicht. Die Inszenierung war gut, nicht überragend, doch mit dem Charme von „back to the roots“.

Es waren die neuen Award-Kategorien, die mir im Magen lagen. Blamabel die Tatsache, daß drei Kategorien ohne Nominierte blieben. Gab es keine Einreichungen oder waren sie zu schlecht? Es offenbaren sich bei genauer Betrachtung logische Schwächen, eine neue Unübersichtlichkeit und wie bisher schmerzliche Überschneidungen. Der Sieger in der Kategorie ‚Best Corporate Event‘ – electrified! Die e-Mobilitätswochen von Volkswagen – ließe sich mit gleicher Berechtigung auch als Public Event, als Consumer Event oder als Live-PR (ein völlig sinnfreier Begriff) einstufen.

Beliebigkeit ist Trumpf, wie zahlreiche Definitionen belegen, z.B. „Geht nicht gibt’s nicht“ ist das Leitmotiv für die Kategorie „Best Stand Inspiration“. Es prämiert innovative Stand-designs, die einen Überraschungseffekt garantieren und die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.“

Oder die Resterampe „Best Charity-/Social-/Cultural Event“. So heißt es auf der website „…dienen ausschließlich der Förderung eines gesellschaftlich relevanten Zwecks, die sich an die Öffentlichkeit und/oder Multiplikatoren richten und nicht der Absatzförderung. Beispiele dafür sind Fundraising-Veranstaltungen, Fan-Feste, Oper für alle Bayreuth.“

Logische Brüche? Bitte sehr: Unter der Oberkategorie CROSS würde man cross-mediale Kampagnen erwarten, deren Kern eine Veranstaltung ist. Weit gefehlt. Einzig die Unter-kategorie „Best Integrated Brand Campaign“ zielt darauf ab: „Ein überragend umgesetztes Markenerlebnis lebt auch von einer perfekten Vor- und Nachkommunikation und erzählt eine Geschichte. Die Best Integrated Brand Campaign hat es geschafft, eine Markenbotschaft über mehrere Kommunikationskanäle zu vernetzen und so in verschiedenen Dimensionen in Szene zu setzen.“ In der Ausschreibung hieß es noch „…mit Hilfe von Live-Kommunikation…“

Unter CROSS wird aber auch das subsumiert „Best Live-PR. Hier werden medien-übergreifende PR-Maßnahmen mit einem Live-Erlebnis verknüpft. Dies sind zum Beispiel inszenierte Pressekonferenzen.“ Warum läuft das nicht unter EVENT? Was hat eine „Interactive Installation“ unter CROSS zu suchen? Das wäre doch besser bei SPECIALS aufgehoben. CROSS ist die eigentliche Königsdisziplin und nicht ‚Corporate Event‘ (habe ich noch nie verstanden).

Nicht nachvollziehbar, daß eine „Green Idea“ die gleiche Wertigkeit genießt wie ein kompletter IAA-Messestand. Inkonsequent, warum der FAMAB sich mit der Idee begnügt, statt eine Kategorie „Green Event bzw. Stand“ zu schaffen. Insbesondere, da man das Banner der Nachhaltigkeit stolz vor sich herträgt.

Die Kategorien – in the middle of nowhere

Der FAMAB klebt teilweise an den Begrifflichkeiten der 90er, er orientiert sich zu sehr an Dingen, die produziert werden. Event, Eventmanager und Event-Agentur sind altbacken. Wir machen Markenkommunikation, wir müssen von der Marke her denken. Multi-Channel-Kampagnen sind im Consumer-Bereich selbstverständlich. Zahlreiche Mitgliedsagenturen des FAMAB und Nichtmitglieder beweisen das jedes Jahr auf’s Neue und auf’s Beste. Anders verhält es sich mit der Positionierung des FAMAB als „Verband für direkte Wirtschafts-kommunikation“ – das versteht kein Mensch und kein Marketeer. Sie entspricht auch nicht dem Selbstverständnis der Mitglieder. Die bekennen sich meistens zu Live-Kommunikation.

Ähnlich kritisch kann man an die neue Kategorie ARCHITECTURE herangehen. Warum taucht der Begriff ‚Szenografie‘ überhaupt nicht auf? Warum fehlen POS-Inszenierungen? Worunter fallen innovative Formen wie das Station Branding von H&M am Wiener Stephansplatz?

Wir müssen von Anwendungsfeldern und Branchen her denken. Wirtschaft, Sport, Kultur, Gesellschaft, Produktmarke, Unternehmensmarke, Launch/Relaunch etc. sind alles Kriterien für eine Kategorienbildung. Sorry, FAMAB, Du bist in der Marketing-Wirklichkeit noch nicht angekommen. Anders ausgedrückt, die Kategorien stehen ziemlich nackig da. Zum Trost, der ADC hat ebenfalls Schwierigkeiten wie Präsidiums-Mitglied Thomas Junk kürzlich befand: „Die ADC-Kategorien sind altmodisch.“

Fazit

Der Relaunch der Award-Kategorien ist nur teilweise geglückt. Definitionen, Logik und Wertigkeit müssen nachjustiert werden und es sind zu viele (Zeitproblem bei der Verleihung). Als Veranstaltung sind die FAMAB Awards gelungen, die Award-Show selbst und auch das Drumherum. Alle Beteiligten vor und hinter den Kulissen haben ihr Bestes gegeben. Über den Rest müssen wir noch einmal reden.

Geschrieben am 28.01.2015 von admin

Alles Event? – Ein satirischer Jahresrückblick 2014

Die Eventisierung aller Lebensbereiche war auch im abgelaufenen Jahr nicht aufzuhalten. Selbst die sonst so sauertöpfische FAZ ließ sich hinreißen, für Sportveranstaltungen „Mehr Drama, Baby!“ zu fordern. Man traut sich kaum „Eventmanager“ als Berufsbezeichnung anzugeben, seit ein sog. Eventmanager namens Manfred Schmidt eine Compliance-Musterveranstaltung für einen gewissen Herrn Wulff ausgerichtet hat. Eventagentur ist ein erschreckend altmodisches Wort angesichts der coolen Wortschöpfungen der Agentur-Szene, um sich zu positionieren. Manches erinnert an Posing.

Hier meine Flops und Tops des Jahres 2014.

Mitteilungen des Standesamtes

1. Die verkaufte Braut: ein reicher Wuppertaler Kaufmann schnappt sich die künstlerisch begabte Tochter einer verarmten Hamburger Patrizierfamilie – will sagen, die kreativ kränkelnde Agentur Vok Dams heiratet die nicht ganz so erfolgreiche Kreativ-Agentur CE & Co (arm aber sexy).

2. Das EU-Baby: Die Eltern konnten sich auf keinen Namen einigen, daher bekommt das Neugeborene gleich 27 Namen – will sagen, in Brüssel eröffnet das europäische Agenturen-Netzwerk 27names ein eigenes Büro und installiert einen Geschäftsführer. Gratulation!

3. Scheidung bei den Nüssli‘s: Ein schweizer Familienoberhaupt macht sich aus dem Staub und gründet eine neue Familie. Die verlassene Ehefrau heiratet umgehend den schon etwas älteren Schreiner Ernst F. Ambrosius – will sagen, Ex-Nüssli-Chef verläßt über Nacht das Unternehmen und zieht 40 Mitarbeiter nach. Präsidentin Isabelle Nüssli füllt die Lücke mit dem Kauf des deutschen Messebau-Unternehmens Ernst F. Ambrosius & Sohn gegr. 1872 GmbH.

4. Zeche adoptiert Zelt: Wer Kohle hat, dem gehört die Welt – will sagen, die RAG-Stiftung erweitert ihr Beteiligungs-Portfolio um die Röder Zeltsysteme und Service AG. Der Stiftungs-vorstand scheint ein Camping-Freund zu sein.

Neues aus Hybrid-City

Wuppertal ist ja nicht nur einer der regenreichsten Regionen Deutschlands, sondern liegt auch ständig im Nebel. Das hat sowohl meteorologische als auch literarische Gründe, denn ab und zu wabern Wortnebel durchs Tal. Ihren Ursprung haben sie meistens bei den Strategen, die in der Katernberger Straße 54 residieren.

Tusch!!! In aller Bescheidenheit deklarieren sie LIVE CAMPAIGNS als die Zukunft des Marketings schlechthin. BILD brachte eine Sonderausgabe, die Tagesschau unterbrach das laufende Programm. Das staunende Publikum erfährt, daß „Events zum Epicenter einer 360°-Kommunikation werden, die permanent mit Content versorgt wird.“ Da braucht man künftig starke Nerven.

Wir besuchen die Presseabteilung: „Das Hamburger creative.solutions-Team der Kommunikations- und Live-Marketing Agentur Vok Dams hat sich tatkräftige Unterstützung an Bord geholt, um den creativen Output und die 360-Grad- Kompetenz in der direkten Kommunikation weiter zu verstärken. Die Creative-Division baut konsequent das Beratungsgeschäft in der Multichannel-Kommunikation als Erweiterung des bisherigen Angebots der der Kommunikations- und Live-Marketing Agentur aus und folgt damit dem vielfachen Kundenwunsch nach ganzheitlichen Kreativansätzen und -lösungen.“ Mehr Marketing-Voodoo geht nicht.

Das Orakel von Rheda-Wiedenbrück

Mit einer schicksalsschweren Botschaft erschütterte FAMAB RESEARCH im September die deutsche Marketing-Community – mit einer Studie zur „Zukunft des Marketing“. Die einen erfinden das Marketing der Zukunft und die anderen die Zukunft des Marketing. Das ist mal perfektes Ping-Pong.

Die Stichprobe ist, sagen wir einmal, eigenwillig, das Zahlenwerk (Hochrechnung für 2014/Prognose für 2015) recht kurzatmig, der Begriff „Direkte Wirtschaftskommunikation“ nur dem FAMAB geläufig. Auch der Unterschied zwischen Marketing und Marketing-Kommunikation scheint nicht bekannt zu sein. Schwamm drüber. Nachdem ich drüber geschlafen habe, stelle ich mit Schrecken fest, daß Marketing gar keine Zukunft hat, sie endet nämlich dieses Jahr….

Die Meistersinger von Nürnberg

Nahezu unbemerkt von der Branchen-Öffentlichkeit entstand in den letzten 15 Jahren in Nürnberg ein Marketing-Chor der besonderen Art. VERTIKOM hat den Stein der Weisen zwar auch entdeckt. Sie nennen ihn das Neue Marketing. Doch geschenkt, Sixtus Beckmesser. Denn ganz ohne Getöse und Wortgeklingel ist ein meisterhafter Chor aus sich ergänzenden Unternehmen entstanden, die eine Vision und eine Mission haben, Werte für sich proklamieren und über ein klares Selbstbild verfügen. Vielleicht ist ja das Wetter in Nürnberg besser.

Die Nachricht des Jahres

kam ganz zum Schluß – am 5. Dezember. Die Dortmunder Messegesellschaft ist ab 2016 Veranstalter der „Best of Events“ Glück auf!

Geschrieben am 28.01.2015 von admin

Location Award 2014

Ein kleines Jubiläum feierte der Location Award am 25. September 2014 mit der 5. Ausgabe der Auszeichnung excellenter Veranstaltungsorte. Veranstalter Frank Lienert, Geschäfts-führer und Gründer der Suchmaschine locationportale konnte annähernd 500 Gäste in der Warsteiner Welt, dem Besucherzentrum der ortsansässigen Brauerei begrüßen. In der an Awards nicht gerade armen Branche verfügt diese Preisverleihung über Alleinstellung, Relevanz und Nutzen für die Zielgruppe der Veranstaltungsplaner in Unternehmen und Agenturen. Die legitime Eigenwerbung wurde angenehm überstrahlt von der offensichtlichen Liebe zur Sache durch die Sponsoren, die Jury und dem Initiator an der Spitze.

Der Wettbewerb

In elf Kategorien wurden Preise vergeben. In einem Online-Voting qualifizierten sich die meistgenannten drei Bewerber als Nominierte, die dann von einer Experten-Jury persönlich besucht und nach objektiven Kriterien bewertet wurden. Neben kategorie-spezifischen Merkmalen wurden auch übergreifende Faktoren wie zusätzliche Services für Veranstaltungen, Außenflächen, Design, Logistik, Umweltverträglichkeit, Technik und Innovationsgrad bewertet. Die Kategorienbildung ist durchweg logisch, markt-gerecht und aus der Sicht eines Konzeptioners sinnvoll. Auch dies ein Kompliment an die Macher, denn Gegenbeispiele existieren genug.

Berlin ist doch reich – und sexy!

Abräumer des Abends war eindeutig die Destination Berlin: Die ungebrochene Attraktion der Hauptstadt spiegelt sich auch in ihrem Reichtum an architektonisch und kultur-historisch bedeutsamen Veranstaltungsstätten. In den 10 Kategorien stationärer Locations stellte Berlin dreimal den Gewinner und siebenmal eine Nominierung, also genau ein Drittel der Endrundenteilnehmer. Alle Gewinner und Nominierten findet man hier. Die Zeche Zollverein in Essen stellte mit dem SANAA-Gebäude und dem OKTOGON zwei Erstplazierte, Hamburg punktete mit dem Schuppen 52 und München mit dem BMW Museum.

Die Dramaturgie blieb auf der Strecke

Ausbaufähig waren allerdings der Ablauf und die Dramaturgie des Abends. Nach einem schwungvollen, augenzwinkernden Intro-Video mit Frank Lienert in der Hauptrolle und einem gekonnten Übergang zur Location des Abends übernahm Moderator Aljoscha Höhn das Zepter. Leider hatte der sonst so erfrischende, mit großer Schlagfertigkeit ausgestattete Langenfelder nicht seinen besten Tag erwischt. Im Fußball würde man sagen, er wirkte überspielt. Die Ansagen und Interviews waren nicht sonderlich originell, das Duzen von Frank Lienert und den meisten Jury-Mitgliedern wirkte unpassend.

Die Elemente der Preisverleihung – Video-Clips der Nominierten, Auftrittsmusik, Siegermelodie, Jury-Statement und Umschlag im Oscar-Stil – kann man so machen. Aber 11 Mal im D-Zug-Tempo durchgezogen wirkt es ermüdend. Ein Intermezzo oder Live-Musik hätte das Ganze bekömmlicher gemacht. Ein Fauxpas und nicht nachvollziehbar war, die Plazierten von der Bühne zu schicken, während der Sieger sich wie ein Schulbub allein auf weiter Flur die Laudatio anhören durfte.

Überflüssig war am Ende der Zeremonie die Keynote von Trendbeobachter und Speaker Adjiedj Bakas aus den Niederlanden. Um 22:30 Uhr begann er seinen Vortrag, zog sich jedoch geschickt aus der Affäre. Das war für ihn und das Publikum eine verschenkte Gelegenheit, denn die Aufmerksamkeit lag nach 150 Minuten durstigen unbeweglichen Stuhlminuten eindeutig woanders.

Fazit

Dem Veranstalter und seinen Unterstützern gebührt großer Respekt für eine unter dem Strich gelungene Veranstaltung. Gastfreundschaft und organisatorisches Geschick waren jederzeit spürbar. Wohltuend auch die Wirkung des Hinweises auf den Dress Code. Das Ergebnis konnte sich nicht nur bei der Damenwelt sehen lassen. Nachahmenswert!

Geschrieben am 11.12.2014 von admin

Agentur(Völker) höret die Signale

Seit Jahren wird wortreich über die Pitch-Praxis zahlreicher Unternehmen und Behörden lamentiert: unprofessionelle Briefings, Massenausschreibungen, undurchsichtige Entscheidungen, unfaire Tricksereien, Ideenklau, unbezahlte Präsentationen, reine Schreibtischvorlagen usw. Die Wellen der Erregung gehen immer mal wieder hoch, Verbandsmitglieder aller Couleur schwören sich, kein Pitch ohne Honorar, was leider nicht das Papier wert ist, auf dem es steht. Einige Agenturen stellen intern strenge Regeln auf, nach denen sie an Wettbewerben teilnehmen. Aber im Kampf von David gegen Goliath haben die Agenturen leere Hände. Wo steckt diese verdammte Steinschleuder?

Neu: Zentrale Meldestelle für unsaubere Pitches

Die GPRA Gesellschaft PR-Agenturen e.V. hat eine naheliegende Idee realisiert und den pitchblog.de online gestellt. „Auf Initiative der Gesellschaft der führenden PR-Agenturen (GPRA) hat die Rechtsanwaltskanzlei IRLEMOSER LLP diesen Blog ins Leben gerufen. Er setzt sich mit den Besonderheiten der gängigsten aller Auftragsvergabemethoden – dem Pitch – auseinander. Pitchblog.de ist für die gesamte Kommunikationsbranche gedacht, von der PR über Werbung bis zur digitalen Kommunikation“, so der O-Ton auf der website. Handeln statt Jammern! Ein Kommunikationsverband schreitet mutig voran und versucht sich zu wehren. Mit den bewährten Mitteln von Öffentlichkeit und Transparenz – eine Art von Stiftung Warentest für Agentur-Pitches.

Zitat: „Zu diesem Zweck will Pitchblog.de auch als Sprachrohr und Plattform zum Dialog dienen und Branche, wie Öffentlichkeit für die Bedeutung regelgerechter Pitches sensibilisieren. Pitchblog.de setzt sich für das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung, den Schutz guter Ideen und marktfähiger Konzeptvorlagen ein. Es geht um Fairness, Transparenz und Chancengleichheit.“ Auf facebook gibt es schon länger https://www.facebook.com/pitchetiquette?fref=ts eine ebenfalls sehr positive Initiative, aber doch mehr eine „Meckerecke“.

Natürlich sind die Agenturen selbst schuld

Das beruht auch auf der normativen Kraft des Faktischen wie der Jurist an dieser Stelle sagt, vulgo es ist das Ausspielen von (Markt-)Macht. Wie zu allen Zeiten, wie überall auf der Welt. Jede Agentur kämpft für sich allein, jeder Pitch spielt sich hinter verschlossenen Türen ab. Auf dem Arbeitsmarkt führte das im Mittelalter zu der Gründung der Zünfte und im 19. Jahrhundert zur Gründung von Gewerkschaften. Die Kleinen organisieren sich und bilden eine Gegengewicht. Im Internet-Zeitalter sorgt man für Transparenz und organisiert sich über das Netz!

So funktioniert der Online-Pranger

Im Schutz der Anonymität können Agenturen nun negative, aber auch positive Beispiele von Ausschreibungen einreichen. Einreichungsstelle ist die Rechtsanwaltskanzlei IRLEMOSER in Berlin. Dort werden die Unterlagen nach bestimmten Kriterien geprüft: „Ein „Good Pitch“ verfolgt klare, transparente Ziele bei der Vergabe und Abwicklung. Die Chancengleichheit ist sichergestellt. Ein „Foul Pitch“ liegt vor, wenn:

  • die Ausschreibungskriterien nicht sachgerecht sind
  • das Verfahren oder die Vergabeentscheidung intransparent oder unfair sind
  • oder sogar erhebliche Zweifel daran bestehen, dass der Auftraggeber an der ernsthaften Ausschreibung eines Projektes und der anschließenden Auftragsvergabe an die bestgeeignete Agentur interessiert ist.“

Soweit der Originaltext. Danach folgt eine Überprüfung nach einem transparenten Verfahren:

Analyse und Bewertung der Ausschreibungsunterlagen durch die Kanzlei IRLE MOSER LLP  nach festgelegten Kriterien, Recherchen durch die Redaktion, insbesondere Gelegenheit zur Stellungnahme durch die Beteiligten und eine sachliche Veröffentlichung des Falls auf Pitchblog.de

Kein „Schwarzes-Peter-Spiel“

Der Druck zu den manchmal bizarren, oft unsinnigen Ausschreibungen kommt aus den Einkaufsabteilungen, die Fachabteilungen sind lediglich Gefangene des Verfahrens. Nun hat es allerdings keinen Zweck, mit dem Finger auf die Einkäufer zu zeigen. Einerseits haben – zumindest in der Event-Branche – die Agenturen es auch an Aufklärung und Transparenz ihrer Leistungen fehlen lassen. Dies war übrigens die einhellige Meinung des Münchner Konvents. Darum bemüht sich zunehmend auch der FAMAB. Andererseits muß man auch betriebswirtschaftlich argumentieren, wie es in zahlreichen Beiträgen Prof. Dr. Hans Rück getan hat, indem er auf die TCO (Total Cost of Ownership) abstellt, zu deutsch die Vollkostenrechnung. Denn die internen Kosten der Ausschreibung fallen bei den Auftraggebern unter den Tisch. Außerdem geht es um die Rolle des Einkaufs, der sich häufig als „Drückerkolonne“ verhält, dabei eine wichtige Beratungsrolle im Beschaffungsprozeß spielt. Auch da könnten die Agenturen ansetzen.

Fazit

Nach dem alten Blücher-Prinzip von „Getrennt marschieren, vereint schlagen“ sollten die Agenturen über Transparenz und Öffentlichkeit Druck aufbauen – oder doch zumindest vor unfairen Praktiken warnen – und andererseits auf Augenhöhe selbstbewußt und offensiv argumentieren. Eine ausdrückliche Einladung der GPRA geht an die die anderen Agenturverbände, wobei der GWA direkt gekniffen hat. Spannend wird sein, wie sich der FAMAB dazu stellt.

Geschrieben am 22.07.2014 von admin